Blindentennis - Spielen nach Gehör

Die in Japan entwickelte Disziplin wurde 2016 in Deutschland eingeführt und steckt noch in den Kinderschuhen. Blindentennis wird mit einem rasselnden Schaumstoffball gespielt. Warum Blindentennis dennoch leicht und unkompliziert umsetzbar ist, zeigen wir hier. 

Präsentation Blindentennis, Halbfinaltag, Tennis Challenger Hamburg 2019, ATP Challenger Tour, Hamburg, 26.10.2019, Foto: Claudio Gärtner

Blindentennis vs. Tennis

Blindentennis ist sehr ähnlich wie das Tennis der Sehenden. Die Schläge sind im Grunde genau gleich, die Zählweise auch. Der gravierende Unterschied - man spielt nach Gehör und Sensorik, nicht nach Sicht.

Rasselnder Ball zur Orientierung

Durch einen rasselnden Ball können Sehbehinderte die Position des Balles bestimmen und sich somit orientieren. Der Ball besteht aus Schaumstoff und hat im inneren eine Plastikkugel, in der durch Metallstäbe das Rasseln erzeugt wird.

Fühlbare Linien zur Begrenzung

Der zweite wichtige Aspekt sind die Linien. Diese werden für die Spieler:innen abgeklebt und damit fühlbar gemacht. Dadurch ist es Sehebhinderten möglich, sich im Feld zu orientieren und die Begrenzungen zu erkennen.  

Mehr zum Thema „Wie funktioniert Blindentennis", findest du im Video:

 

Regeln

Wie auch bei den „Sehenden“ gelten die offiziellen ITF-Regeln.

Dialog vor Aufschlag

Jedem Aufschlag muss ein Dialog vorangehen. Der:die Aufschlägerin fragt „Ready?“, der:die Rückschläger:in antwortet mit „Yes“, der Aufschläger sagt „Play“ und darf erst dann den Ball ins Spiel bringen.

Körpertreffer

Wird ein:e Spieler:in von einem fliegenden Ball ohne vorherigen Bodenkontakt getroffen, während er im Feld steht, gilt das wie auch im regulären Tennis als Fehler. Wird er:sie aber von so einem Ball getroffen und steht außerhalb des Feldes, also im Aus, gewinnt er:sie den Punkt.

Unterschiede nach Sehvermögen

Je nach Sehrest gibt es unterschiedliche Klassifizierungen. Danach definiert sich die Platzgröße, die Anzahl wie oft der Ball aufspringen darf und auch ob eine Augenbinde getragen werden muss.  

 

Genaue Regelübersicht

Hier findest du eine genaue Übersicht zu den Regeln im Blindentennis. 

Genaue Regeln

Im Blindentennis wird nach der Sehfähigkeit der Sportler:innen klassifiziert. Von Augenärzt:innen wird mit dem LogMAR-Wert die Klasse der Spieler:innen ermittelt. Es wird in folgende Klassen eingeteilt: 

  • B1: < 2.6 (diese Spieler gelten als so genannt Vollblind. Im Wettkampf müssen sie eine Dunkelmaske tragen)
  • B2: 1.5 - 2.6 (wenig Sehrest)
  • B3: 1.4 - 1.0 (etwas mehr Sehrest)
  • B4:  0.5 bis 0.9 (mehr Sehrest)

Je nach Spielklasse gelten auch andere Feld- und Schlägervorgaben. Zudem wird bestimmt, wie oft der Ball vor dem Schlag aufspringen darf. Im folgenden eine Übersicht:

 B1B2B3B4

Sehfähigkeit 

nach LogMar

< 2.6

Dunkelmaske tragen

1.5 - 2.6 (inklusive)1.4 - 1.0 (inklusive)0.5 - 0.9 (inklusive)
Feld
  • 12,80m x 6,10m
  • Aufschlaglinie 1,80m vor Grundlinie
  • Netzhöhe 0,83m
  • Taktile Linien
  • 18,28m x 8,23m
  • Aufschlaglinie reguläres T-Feld
  • Netzhöhe 0,90m
  • Taktile Linien
  • 18,28m x 8,23m
  • Aufschlaglinie reguläres T-Feld
  • Netzhöhe 0,90m
  • Taktile Linien
  • 18,28m x 8,23m
  • Aufschlaglinie reguläres T-Feld
  • Netzhöhe 0,90m
  • Taktile Linien
Schlägermax. 23‘‘max. 25‘‘max. 25‘‘max. 27‘‘
Ball Aufspringenmax. 3xmax. 3xmax. 2x

max. 1x

Die Richtlinen zur nationalen Klassifizierung als Download

Die Richtlinen zur nationalen Klassifizierung als Download

Dateiname
Löschkonzept.pdf
Größe
170 KB
Format
pdf

Schon in den 1980er Jahren unternahm der blinde japanische Student Myoshi Takei erste Versuche mit einer Tennis-Alternative für Blinde.

Tennis als Blindensportart ist im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten für Blinde und Sehbehinderte eher außergewöhnlich. Der tennistypische Umgang mit dem Ball und Schläger, sowie vor allem das dreidimensionale Spiel mit einem fliegenden Ball, der zwischendurch nicht gestoppt wird, bietet für Blinde eine große Herausforderung.

Mittlerweile wird Blindentennis in vielen Ländern gespielt. 2014 wurde die International Blind Tennis Association (IBTA) gegründet. Ihr Ziel ist, Blindentennis weltweit immer mehr zu verbreiten und zu professionalisieren.

Im Mai 2016 wurde auf Initiative des Tennis für Alle - Projekte der Gold-Kraemer-Stiftung der erste Deutsche Blindentennis-Workshop in Kooperation mit dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) in Köln ausgerichtet.

Seit diesem Startschuss wächst die Anzahl der Blindentennis-Spieler:nnen und Angebote in Deutschland stetig, wobei das Dreigespann aus Deutschem Tennis Bund, Gold-Kraemer-Stiftung und Deutschem Blinden- und Sehbehindertenverband eng zusammenarbeiten.

Tennisschläger

Je Nach Kategorie und Sehrest werden Kinder-Tennisschläger verwendet. Kürzere, leichte Tennisschläger ermöglichen weniger Abstand von der Hand zum Balltreffpunkt und einen kontrollierten Durchschwung im kleineren Feld.

Blinden Tennisball

Der Blinden Tennisball besteht aus einem weichen Schaumstoff und ist ca.10 cm groß. In der Mitte befindet sich ein Kunststoffkern mit rasselnden Metallstäben. Die ungefährlichen Bälle bieten durch die Rasselgeräusche eine akustische Orientierung der Flugkurve und gute Treffmöglichkeit. Je nach Helligkeit/Kontrast von Platz und Rückwand wählt man zwischen gelben und schwarzen Bällen.

Blindentennis Ballbestellung:

Über den DTB können Vereine, Trainer:innen und Spieler:innen gelbe und schwarze Blindentennis Bälle bestellen. Einzelbestellungen für 8,00 Euro pro Ball zzgl. Versandgebühren sind möglich (kein Verkauf ins Ausland und an Gewerbetreibende).

Kontakt: Emma Stauber

Kleinfeldnetz

Das Netz kommt im Match im Kleinfeld (für B1) und generell für die Organisation mehrerer Gruppen auf einem Platz im Tennistraining zum Einsatz.

Spürbare Linien zur Feldmarkierung auf dem Boden

Die Grundlinie ist die wichtigste Orientierungslinie und besteht bestenfalls deutlich spürbar aus einer Schnur, die mit einem farbigen Gaffa- oder Panzertape überklebt ist. Die übrigen Linien bestehen aus einem (andersfarbigen) Klettband (auf Teppich). Beim Training auf Sand können Mittel zur Orientierung (z.B. aus alten Teppichstücken geschnitten) in den Platz genagelt werden. Die Linien helfen bei der Positionierung und Orientierung der Spieler:innen.

Gymnastikmatten

Dünne, weiche Gymnastikmatten dienen als spürbare Wartezonen zur Organisation von Gruppentrainings. Sie werden mit Tape auf dem Platz fixiert, damit sie nicht wegrutschen.

Ein Schaubild, bei dem die Spielfeldumrandung, die T-Feld-Aufteilung und die Zahlenfelder in Brailleschift für die Sportler:innen fühlbar sind

Das Blatt zeigt eine Raumaufteilung der beiden T-Felder auf beiden Spielfeldseiten. Ein T-Feld ist in 3x3 = 9 gleichgroße Felder aufgeteilt. Die Felder sind vom Netz aus gesehen von der Innen- zur Außenlinie aufsteigend von 1 bis 9 (1-2-3,4-5-6,7-8-9) nummeriert. Für eine Ansage der Trainer*innen, in welches Feld der Ball zugespielt wird und als Feedback, wo der selbst geschlagene Ball der Spieler*innen landet, hilft bei der Orientierung und Imagination des Feldes.

Paralympische Blinden-Sport-Maske

Die Blinden-Sport-Maske oder Dunkelmaske (keine Stoff- oder Schlafmaske) besteht aus einem weichen, atmungsaktiven Material. Sie hat eine perfekte Passform, sitzt sicher und gewährleistet 100% Sichtschutz. Die Maske bietet einen gewissen Schutz ggf. empfindlicher Augen bei Zusammenstößen oder Balltreffern und ermöglicht eine faire Spielbedingung. Eingesetzt wird sie bei Workshops zum Transfer und ist für B1 bei Turnierspielen Pflicht.

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Bundestrainer & DTB-Referent für Inklusion und Parasport

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