Justin Engel: „Ich will mich einfach nur auf den Tennissport konzentrieren“

Justin Engel ist aktuell einer der erfolgreichsten Nachwuchsspieler des DTB. Mit gerade einmal 16 Jahren konnte er in diesem Jahr bereits vier Turniere auf der ITF-Profitour gewinnen und ist zudem der jüngste Top 600 Spieler der Welt. Im Interview gibt uns der Nürnberger interessante Einblicke in sein Leben als Jungprofi.
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Justin Engel

Justin, du bist erst 16 Jahre alt und hast in diesem Jahr schon vier ITF-Turniere gewonnen. Hast du damit gerechnet, dass sich die Erfolge auf der Profi-Tour schon so früh und schnell einstellen?

Nein, eigentlich nicht. Ich wollte mich Schritt für Schritt an das Niveau der Herren gewöhnen und schauen, wie weit ich kommen kann. Dann habe ich mein erstes Turnier gewonnen und seitdem fühlt sich für mich alles viel leichter an.

Mit 16 Jahren löst du mit deinem Turniersieg in Villach Mischa Zverev als bisher jüngster deutscher Sieger auf der ITF Tour ab und bist aktuell sogar der jüngste Top 600-Spieler. Was ist das für dich für ein Gefühl?

Es ist ein super Gefühl zu merken, dass sich die harte Arbeit gelohnt hat.

Im Juni hast du dein letztes Junior ITF-Turnier gespielt. Wirst du dort vereinzelt noch mal aufschlagen oder konzentrierst du dich jetzt voll und ganz auf die Profi-Tour?

Ich konzentriere mich ausschließlich auf die Profitour. Nächstes Jahr kann es sein, dass ich noch mal ein oder zwei Jugend-Grand-Slam-Turniere spiele.

Wo hast du deinen Trainingsmittelpunkt?

Ich trainiere zusammen mit meinem Vater in Nürnberg in einem ganz kleinen Verein, eigentlich ist es mehr eine Trainingsanlage (VFL Nürnberg). Außerdem fahre ich regelmäßig zum DTB-Bundesstützpunkt nach Oberhaching.

Du sagst, dass du mit deinem Vater trainierst. Ist er dein Haupttrainer?

Ja, mein Vater ist fast immer an meiner Seite und war, seitdem ich mit drei Jahren mit dem Tennisspielen begonnen habe, mein Trainer. Er hat selbst ganz gut Tennis gespielt – nicht auf Profiniveau – aber immerhin war er Europameister bei den Herren 45. Er war jahrelang der Coach von Anca Barna und hat sie in die erweiterte Weltspitze geführt. Mein Vater begleitet mich auch zu fast allen Turnieren. Ausgerechnet bei meinem ersten Turniersieg auf der Profi-Tour war er leider nicht dabei.

Dein Vater ist selbständiger Unternehmer. Wie bekommt er deine Trainings und seine Arbeit unter einen Hut?

Mein Vater nimmt sich die Zeit und hat sich in seinem Job so aufgestellt, dass es funktioniert. Er arbeitet auch viel aus dem Homeoffice. Ich bin Einzelkind, das ist in diesem Fall ein Vorteil, denn sonst könnte er nicht so viel Zeit für mich aufbringen.

Wer sind deine Trainingspartner?

Letzte Woche habe ich in Halle mit Jan-Lennard Struff trainiert. Er bereitet sich dort auf die Hartplatzsaison vor. Sein Trainer Marvin Netuschil hat mich gefragt, ob ich ihm als Trainingspartner zur Verfügung stehen kann. Mein Vater und Jan kennen sich schon etwas länger.

Und wie war die Woche für dich?

Es war eine tolle Erfahrung, mit Jan zu spielen. Man spürt die Power in seinen Schlägen. Außerdem ist er ein supernetter Kerl und es fühlte sich für mich so an, als wäre ich jeden Tag mit ihm unterwegs.

Wie ist generell bei dir der Kontakt zu unseren deutschen Profis und Nachwuchsspielern?

Ganz gut. Wenn ich in Oberhaching bin, trainiere ich mit Kevin Krawietz, Daniel Masur und auch mit Philipp Kohlschreiber. In Nürnberg arbeite ich oft mit Maximilian Marterer zusammen. Zu den Spielern in meinem Alter habe ich sehr guten Kontakt. Mit Max Schönhaus und Diego Dedura-Palomero bin ich sehr gut befreundet. Leider spielen wir nicht mehr die gleichen Turniere, daher sehen wir uns nicht mehr so häufig wie früher.

Welche Profis bewunderst du am meisten und warum? Mit wem würdest du gerne mal trainieren?

Ich bewundere Rafael Nadal, so wie er sich auf dem Platz präsentiert, wie er sich pusht, wie er kämpft. Damit kann ich mich identifizieren. Ich bin auch so ein Kämpfertyp auf dem Platz und tue alles dafür, um zu gewinnen. Oder auch mit Novak Djokovic mit seinem strikten Ernährungsplan. Das sind Spieler, von denen ich mir Dinge abschaue. Gegen Djokovic würde ich gerne mal trainieren, um zu schauen, wie das Tempo ist und wie es ist, gegen ihn Punkte zu spielen.

Du hast im vergangenen Jahr die Schule abgeschlossen und kannst dadurch ganz andere Umfänge trainieren. Wie sieht dein tägliches Pensum aus?

Ich trainiere täglich 3,5 bis 4,5 Stunden Tennis. Dann mache ich noch eine Stunde Fitness und eine Dreiviertelstunde Beweglichkeit. Außerdem mache ich ab und an Mentaltraining.

Die Trainingsumfänge und die Reisen kosten viel Geld. Mehr als du mit deinen Turniersiegen verdienst. Wie finanzierst du dich?

Darum kümmert sich mein Vater. Ich bin im Nachwuchskader des Deutschen Tennis Bundes und werde vom Verband natürlich auch unterstützt. Aber diese Dinge hält mein Vater von mir fern. Er ist nicht nur mein Trainer und Turnierbegleiter, sondern auch mein Manager.

Wann hast du für dich gemerkt, dass Tennis nicht nur ein Hobby für dich ist?

Da war ich ungefähr 10 Jahre alt. In dem Alter habe ich angefangen, Turniere zu spielen. Da kam der Ehrgeiz in mir hoch und ich wollte immer gewinnen.

Wie würdest du dich charakterlich beschreiben? Engel oder Teufel?

Ich bin natürlich ein Engel. Mein Name ist Programm. Ich bin freundlich und positiv. Ich würde sagen, dass meine Stärken im mentalen Bereich liegen. Außerdem bin ich sehr ehrgeizig und diszipliniert, ich mache einfach mein Ding.

Und deine Schwächen?

Schwächen, ääähh keine Ahnung. Ich habe bestimmt welche, aber mir fallen keine ein (lacht).

Hast du außer Tennis noch andere Hobbies oder Interessen?

Nein, eigentlich nicht so wirklich. Wenn ich mit meinen Freunden zusammen in Nürnberg trainiere, dann ist es für mich am schönsten. Dann kann ich Beruf und Freizeit kombinieren. Das macht dann doppelt so viel Spaß.

Als Tennisprofi reist du viel und siehst die ganze Welt. Aber es gibt auch Opfer, die man bringen muss. Jugendliche in deinem Alter gehen am Wochenende aus, treffen Freunde, machen ihre Erfahrungen mit Alkohol. Erfahrungen, die du dir als angehender Tennisprofi nicht erlauben kannst bzw. solltest. Fehlt dir das manchmal oder ist das für dich kein Thema?

Ich bin nicht der Typ, der abseits des Tennisplatzes viel machen will. Ich will mich einfach nur auf den Tennissport konzentrieren. Das klingt jetzt vielleicht etwas arrogant, aber ich weiß, dass ich mit 16 Jahren schon viel weiter bin als die meisten in meinem Alter. Ich habe einen Plan und ein Ziel für mein Leben. Das klingt jetzt auch blöd, aber ich habe mehr Erfahrung mit 16 als viele 19/20-Jährige.

Welcher war dein persönlich größter Erfolg?

Auf jeden Fall meine Turniersiege auf der Profi-Tour. Wenn man nur ein Match betrachtet, war es mein Erstrundensieg gegen den Franzosen Pierre-Hugues Herbert beim ATP-Challenger in Karlsruhe. Er ist aktuell ein Top 120 Spieler, stand schon auf Platz 36 in der Welt und hat im Doppel alle vier Grand Slam Turniere gewonnen. Das war das beste Match, das ich jemals gewonnen habe.

Letzte Woche hat unser Davis Cup-Team bei den Finals in China gespielt. Welchen Stellenwert haben Team-Events für dich?

Es ist super, für sein Land zu spielen. Das ist eine große Ehre. Ich spiele immer sehr gerne fürs Team. Letztes Jahr war ich Teil des deutschen Junior Davis Cup-Teams. Das hat sehr viel Spaß gemacht. Man spielt gegen andere Nationen und möchte sein Land bestmöglich repräsentieren. Das ist für mich etwas sehr Besonderes.

Ist es auch dein Traum, eines Tages für Deutschland im Davis Cup Team zu stehen?

Natürlich!

Im Sommer hast du für den TC Wolfsberg Pforzheim in der 2. Bundesliga gespielt. Den Aufstieg ins Oberhaus habt ihr ganz knapp verpasst. Im Einzel hast du eine 5:0-Bilanz. Was bedeuten die Ligaspiele für deine spielerische Entwicklung. Kannst du dir von den älteren Spielern viel abschauen?

Jedes Match, das ich spiele, bringt mich in meiner Entwicklung weiter. Bei den Ligaspielen ist es dieses Teamgefühl, das mir Spaß macht. Man schaut nicht nur auf sich, sondern gewinnt und verliert als Team. Das ist ein super Gefühl.

Mit Tim Pütz und Kevin Krawietz haben wir ein starkes deutsches Doppel in der Weltspitze. Wie steht es um deine Doppel-Qualitäten?

Ich trainiere es nicht, aber manchmal spiele ich Doppel. Wenn ich könnte, würde ich Doppel lieber auslassen und mich voll und ganz aufs Einzel konzentrieren.

Es wird viel über den fehlenden deutschen Nachwuchs geschrieben. Alle Augen sind unter anderem auf dich gerichtet. Übt das Druck auf dich aus oder kannst du das ausblenden?

Jetzt ist es mir noch egal. Ich weiß nicht, ob das in ein paar Jahren immer noch so ist. Ich lese die Artikel zwar schon hin und wieder, aber da wird oft auch viel Blödsinn geschrieben.

Wie sieht deine Turnierplanung in den nächsten Wochen aus?

Ich spiele erstmal auf Sand weiter. Und zwar das M25 Turnier in Sabadell. Danach spiele ich ein weiteres Turnier in Spanien, aber auf Hartplatz.

Eine abschließende Frage: Welche Ziele hast du dir für die kommenden Jahre gesteckt?

Ich möchte Ende nächsten Jahres bestenfalls unter den Top 200 stehen. Und später wäre es ein Traum, mit Diego und Max irgendwann die neue Riege des deutschen Herrentennis zu werden.

Vielen Dank für das Gespräch!

Justin Engel

Alter: 16 (Jahrgang 2007)
Schlaghand: rechts
ITF-Titel: 4 (Herren)

Justin Engel Kader
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