Wann war der Punkt, wo du dich entschieden hast, Tennis zu deinem Beruf zu machen?
So genau kann ich das gar nicht sagen, aber für mich war es ein sehr großer Schritt, als ich mit 14 Jahren auf das Internat nach Kamen gegangen bin. Das war für mich ein großes Commitment und hat mich noch mehr motiviert und noch zielstrebiger, disziplinierter gemacht. Ich wollte einfach, dass sich der Aufwand am Ende lohnt und auszahlt. Für meine Eltern war das natürlich auch eine finanzielle Belastung und deswegen habe ich gesagt, wenn ich das mache, dann möchte ich es auch so gut wie möglich machen. Das war für mich der erste Schritt, das ganze professioneller aufzuziehen.
Und wie hast du den Schritt erlebt, so früh das eigene zu Hause zu verlassen?
Tatsächlich hat es mir sehr gut gefallen von zu Hause auszuziehen, aber nicht, weil ich es dort blöd fand, sondern weil Tennis einfach mein Leben ist. Die endgültige Entscheidung professionell Tennis zu spielen, kam dann wahrscheinlich so mit 17 oder 18 Jahren. Damals war ich einer der besten Jugendlichen in meinem Alter in Deutschland. Das war für mich ein Zeichen, dass ich zumindest mal versuchen kann, auf der Profitour durchzustarten. Nach dem Abi habe ich dann auch direkt losgelegt.
Du bist schon seit 2013 auf der Profi-Tour unterwegs, was motiviert dich, weiterhin professionell Tennis zu spielen?
Grundsätzlich macht es mir einfach unglaublich Spaß, dass mein Arbeitstag daraus besteht, Tennis zu spielen, Athletiktraining zu haben und zu versuchen sich selber zu verbessern und an seinen eigenen Schwachstellen zu arbeiten. Dann natürlich auch die Planungs- und Entscheidungsfreiheit, die ich als Tennisspieler habe und ich mein eigener Chef sein kann. Selbst die Entscheidung zu treffen, welche Turniere ich spiele und in welchen Wochen ich lieber zu Hause trainiere, natürlich immer in Rücksprache mit meinem Team.
Und auch wenn Niederlagen immer sehr weh tun, sind die Gefühle, die ich nach einem Sieg verspüre, einfach unglaublich. Ich möchte in meinem Alter, in dem ich mich körperlich noch super fit fühle, schauen, wo der Weg für mich hinführen kann. Die eigene Grenze testen, das macht einfach enorm viel Spaß und erfüllt mich. Motivationslose Tage habe ich sehr selten. Ich bin von Natur aus, auch wenn es mal nicht so gut läuft, dann eher noch motivierter. Ich versuche mich dann mehr auf andere Sachen zu konzentrieren, die mir Spaß machen. Es ist ein großes Privileg, Tennis als Beruf zu haben.
Tennisprofis reisen viel um die Welt und sehen ihre Familie und Freunde eher selten. Wie kommst du damit klar?
Ich bin ein sehr sozialer Mensch, deshalb brauche ich den Kontakt unbedingt. Auf Turnieren merke ich, dass ich ein Spieler bin, der mit vielen Spielern ein gutes Verhältnis hat. Ich war jetzt die letzten Jahre ziemlich viel alleine unterwegs. Meine Freundin ist manchmal mitgekommen und auf den großen Turnieren hat mich auch mein Trainer begleitet, aber das ist auch immer eine Kostenfrage. In meinem Rankingbereich ist es nicht so leicht, einen Trainer zu finanzieren. Natürlich würde ich lieber weniger alleine reisen, aber insgesamt komme ich damit sehr gut klar. Der soziale Kontakt ist für mich das Wichtigste im Leben und hat für mich einen sehr hohen Stellenwert.
Anfang des Jahres hast du zwei Turniere in Deutschland gewonnen. Würdest du sagen, dass du dich zu Hause besonders wohlfühlst und das auch ein Erfolgsfaktor für dich ist?
Das ist wahrscheinlich so. Eigentlich höre ich das von fast jedem Spieler. Es ist immer schön, im eigenen Land zu spielen, wo man sich heimisch fühlt. Sei es auf der Anlage oder im Hotel, wenn die eigene Sprache gesprochen wird. Ich fühle mich dann willkommen. Dementsprechend ist dann wahrscheinlich auch die Leistung besser. Wenn ich in Deutschland oder in der Nähe spiele, kommen auch Freunde und Familie vorbei. Es ist das Schönste überhaupt, wenn man sieht, dass die Leute vorbeikommen und einen unterstützen möchten. Das weiß ich sehr zu schätzen. Hamburg und München gehören definitiv zu meinen absoluten Lieblingsturnieren. Dort habe ich immer ganz ordentlich gespielt.
In 2023 hast du nach deiner Verletzung am linken Handgelenk zwei Turniere gewonnen und auch in diesem Jahr bist du erst an Corona erkrankt und dann stark ins neue Jahr gestartet. Wie erklärst du dir das?
Rückblickend liegt es wahrscheinlich daran, dass meine eigene Erwartungshaltung an mich nicht sehr hoch war. Normalerweise habe ich einen sehr hohen Anspruch an mich selbst. Die eigene Erwartungshaltung führt dann oft zu einem gewissen Druck, den ich mir selbst mache. Nach meiner Verletzung war ich einfach sehr dankbar, überhaupt wieder auf dem Platz stehen zu können. Damals war das meine erste größere Verletzung, die mich gezwungen hat ein paar Monate an der Seitenlinie zu verbringen. Ich wusste nicht, ob ich überhaupt nochmal auf dem Platz stehen kann. Aber ich habe bei dem ersten Turnier nach meiner Verletzung das erste Match gewonnen. Das Gefühl über den Sieg war extrem schön, weil ich sehr dankbar war, einfach wieder schmerzfrei spielen zu können. Ich habe es einfach nur genossen und versucht mein Bestes zu geben. Anfang des Jahres war es nach der Krankheit auch so, dass ich mit einer kurzen Vorbereitung zum ersten Turnier gefahren bin. Ich habe mir dann gesagt „Ok, es kann sein, dass ich noch nicht bereit bin. Kann sein, dass ich die erste Runde verliere, aber alles ist gut. Wir schauen Match für Match, Tag für Tag.“ Dementsprechend ist die Erwartungshaltung deutlich geringer gewesen, was mir geholfen hat, relativ entspannt zu sein.
Anfang des Jahres hast du bereits drei Turniersiege auf der ITF-Tour geholt. Welche Ziele hast du dir für 2024 noch gesteckt? Und welche für deine zukünftige Tennis-Karriere?
Letztes Jahr habe ich alle Grand Slams verpasst, was sehr schade war, weil die Turniere für mich besonders sind. Dementsprechend ist auch das große Ziel, schnellstmöglich dort wieder hinzukommen. Aktuell bin ich sehr froh, dass ich ein Level spiele, das mir die Möglichkeit gibt, realistisch darüber nachzudenken. Allerdings sind die nächsten beiden Grand-Slams schon relativ früh im Jahr. Deshalb sind Paris und Wimbledon eigentlich deutlich zu ambitioniert. New York ist natürlich noch ein bisschen weiter weg, trotzdem ist es sehr schwierig, sich dafür zu qualifizieren. Generell würde ich gerne nächstes Jahr in Australien beginnen und bei den Australian Open dabei sein. Ich habe dort schon einige Male gespielt, deswegen weiß ich zumindest, dass ich das schaffen kann. Aber ich weiß auch, wie lange der Weg ist. Der Start ins Jahr war super, aber das Jahr ist noch sehr, sehr lang und ich möchte erstmal gesund bleiben und einen guten Turnierrhythmus und Rhythmus aufbauen. Dann werden die Ergebnisse auch kommen. Aber wie gesagt, das Ziel ist im nächsten Jahr wieder die Grand-Slams zu spielen.
Was steht für dich die nächsten Wochen an? Welche Turniere wirst du spielen?
Ich wähle meine Turniere danach aus, was für Bedingungen dort vorherrschen. Ich entscheide erstmal nach Belag und welche Bälle gespielt werden. Ich habe jetzt über die zehn Jahre auf der Tour viele Erfahrungen gesammelt. Das sind wichtige Faktoren für mein Spiel. Danach entscheide ich erst die Kategorie.
Bis Ende März werde ich noch ein paar ITF Turniere spielen, weil in dem Zeitraum alle Challenger-Turniere schon auf Sand sind. Das ist mir einfach noch ein bisschen früh, um nach draußen auf Sand zu gehen. In Deutschland sind die Trainingsbedingungen in dem Zeitraum noch nicht gut für Sand. Ab April/Mai schaue ich dann natürlich schon, dass ich auf Sandplatz gehe.
Du nennst dich auf Instagram „badbounce“. Wie kam das zustande und was bedeutet der Name?
Den Instagram-Account habe ich von zehn Jahren gemacht. Das war einfach eine spontane Idee. „Bad Bounce“ ist ein Begriff im Tennis. Das ist, wenn der Ball verspringt. Damals fand ich das ganz lustig und ist dann irgendwie so dazugekommen. Bis jetzt habe ich das auch noch nicht geändert.
Auf der Tour kennt bist du auch unter dem Spitznamen „Wally“ bekannt. Hat sich der Name auch in deinem Freundes- und Familienkreis etabliert?
Ja, meine Freunde nennen mich inzwischen auch so. Meine Trainer haben mir irgendwann den Spitznamen gegeben, weil ich den gleichen Nachnamen wie der ehemalige australische Spitzenspieler Wally Masur habe. Und irgendwann haben sie mich dann nur noch „Wally“ genannt. Das hat sich auch im Tenniszirkus eingebürgert und irgendwann dann auch im privaten Bereich.
Heute nennen mich nicht mehr so viele Daniel und wenn mich jemand Daniel nennt, dann habe ich zu der Person kein enges Verhältnis.