Emilio Sánchez: „Der Schlüssel zum Erfolg ist immer Optionen zu haben.“

Vom 3. bis 5. Januar wird mit Emilio Sánchez ein weiterer prominenter Name als Speaker beim Internationalen Tenniskongress presented by Head auftreten. Bereits als Spieler feierte der 59-Jährige einige Erfolge: ehemalige Nummer sieben der Welt im Einzel und Nummer eins im Doppel sowie fünf Grand-Slam-Titel im Doppel und Mixed-Doppel. Derzeit betreibt Sánchez zwei Tennisakademien in Barcelona/Spanien und Naples/USA. Im DTB-Interview verrät der Spanier, wie sich das Tennis über die Jahre entwickelt hat und was für ihn der Schlüssel zum Erfolg ist.
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Emilio Sánchez

Ein Thema von Ihnen ist “Adapting to modern tennis“ („Anpassung an das moderne Tennis“). Was bedeutet modernes Tennis für Sie?

Es ist die Art wie Leute heutzutage spielen. Wie die unterschiedlichen Phasen der Entwicklung die heutige Spielweise beeinflusst haben. Beispielsweise ist die Qualität der Returns unfassbar gestiegen. Medvedev oder Nadal spielen den Return zwar sehr defensiv, aber der Schlag danach ist so aggressiv als würden sie aufschlagen. Die Spieler attackieren mehr und schneller.

Welche Entwicklungen waren entscheidend für das moderne Tennis? Gab es Spieler, die das Spiel verändert haben?

Björn Borg war beispielsweise der erste, der eine beidhändige Rückhand mit 200 km/h und Topspin gespielt hat. Zwar haben zu der Zeit schon einige Spieler eine Rückhand mit 200 km/h spielen können, aber insgesamt war das Spiel sehr flach. Kaum jemand hat mit Topspin agiert. Heutzutage spielen ungefähr 90 Prozent der Spieler eine 200 km/h schnelle Topspin-Rückhand. Und das alles nur, weil einer damit angefangen hat und die anderen sich an die neue Situation anpassen mussten.

Welche weiteren großen Veränderungen haben Sie beobachtet?

Auch der Treffpunkt des Balls hat sich über die Jahre sehr verändert. Zur Zeit von Becker und Lendl hat man angefangen den Ball an seinem höchsten Punkt zu treffen, nicht mehr so sehr, wenn er schon wieder gefallen ist. Ein paar Jahre später haben unter anderem ein Agassi oder Sampras angefangen den Ball im Steigen zu attackieren.

Rafael Nadal hat zu Beginn seiner Karriere eine offene Vorhand gespielt, die enorm schnell war. Wenn man sich die Spieler:innen heute anschaut, spielt fast jeder eine offene Vorhand. Jüngstes Beispiel ist Carlos Alcaraz. Er hat angefangen Stops zu spielen und nun hat sogar Djokovic, der zuvor so gut wie nie Stops gespielt hat, diese in sein Repertoire aufgenommen. 

Wenn wir Ihre Schüler:innen in der Akademie fragen würden: Ist Emilio Sanchez ein entspannter oder strenger Trainer, wie lautet die Antwort?

Als wir in den USA einen zweiten Standort aufgebaut haben, haben wir mit ehemaligen Spieler:innen, Schüler:innen und Trainer:innen unserer Akademie aus Barcelona gesprochen und sie gefragt, was die Akademie bei Ihnen hinterlassen hat. Nahezu alle haben Respekt, Disziplin und harte Arbeit genannt. Keiner von Ihnen hat etwas zum Tennistraining gesagt.

Das Leben als Tennistrainer:in kann hart sein. Wir sind für die Spieler:innen ein ständiger Begleiter und haben Einfluss auf sie, während sie zu Erwachsenen heranreifen. Wir geben nicht nur die Trainingsstunden, sondern wir reisen mit unseren Spieler:innen und sind ständig für sie da. Wir als Trainer:innen müssen den Spieler:innen manchmal Dinge sagen, die sie nicht hören wollen.

Sie werden auf dem ITK über „daily tennis drills“ („tägliche Tennisübungen“) sprechen. Welche ist Ihre Lieblingsübung?

Ich lege den Fokus sehr darauf, dass ich die Spieler:innen dazu zwinge den Ball an seinem höchsten Punkt zu treffen. Nur wenn sie das tun, sind sie konkurrenzfähig. Jannik Sinner ist ein gutes Beispiel. Sein Schwerpunkt ist immer sehr tief, er trifft den Ball immer am richtigen Punkt. Auch Novak Djokovic oder Carlos Alcaraz sind Spieler, die immer in der richtigen Position sind. An ihnen kann man gut zeigen, wie wichtig gute Beinarbeit ist.

Grundsätzlich ist die Bewegung, die richtige Gewichtsverlagerung während des Schlages, das Wichtigste. Das ermöglicht einem darüber entscheiden zu können, welchen Schlag man als nächstes spielen möchte. Der Schlüssel zum Erfolg ist immer Optionen zu haben. 

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Internationaler DTB Tenniskongress presented by HEAD

Alle Infos zum Internationalen DTB Tenniskongress presented by HEAD gibt es auf der Kongressseite.

Matchspezifische Drills mit Thomas Högstedt, Internationaler DTB Tenniskongress 2023, München, Infinity Hotel & Conference Rsort München, 06.01.2023, Foto: Claudio Gärtner
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