Herr Scheidt, der Badische Tennisverband hat sich in seiner Satzung dazu verpflichtet, Kinder und Jugendliche leistungsorientiert auszubilden und zu fördern. Ab Herbst wird diese Jugendförderung ausgeweitet und auch eine Anschlussförderung für Ü18-Athlet:innen angeboten. Was hat den Verband zu diesem Schritt bewogen?
Der Gedanke eines Ü18-Konzepts im Badischen Tennisverband ist schon länger präsent. Im letzten Jahr haben wir intensiv darüber nachgedacht, ob und wie es sinnvoll ist, das Ganze bei uns umzusetzen. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir Spieler:innen im Übergangsbereich nach der Jugend weiter begleiten wollen. Deswegen bieten wir ab dem 01. Oktober 2024 auch Ü18-Talenten die Möglichkeit, unser gesamtes Verbandspaket vollumfänglich zu nutzen.
Wie muss man sich das Ü18-Konzept künftig vorstellen? Welche Spieler:innen können das Angebot in Anspruch nehmen und was müssen diese dafür tun?
In erster Linie richtet sich das Angebot an badische Spieler:innen, die im Idealfall auch unsere Kaderstrukturen durchlaufen haben. Den Athlet:innen soll vor allem die Infrastruktur im Landesleistungszentrum Leimen zur Verfügung gestellt werden: Trainingsplätze, Kraftraum, Coaches, Physiotherapie, Übernachtung im Athletenhaus und Erstellung von Trainings- und Turnierplänen. Um diese Unterstützung zu ermöglichen, wurde die „BTV Sport, Service und Marketing GmbH“ gegründet. Das Ü18-Konzept darf nicht auf die Fördermittel der U18-Talente zugreifen. Das Projekt muss sich mehr oder minder selbstständig finanzieren. Deshalb war die nächste Herausforderung für uns, das Ganze für die Spieler:innen finanziell attraktiv zu gestalten. Wenn jemand den Weg Tennis-Profi eingeschlagen hat, verdient er am Anfang der Karriere noch keine Unsummen.
Wie will der BTV diese Herausforderung lösen?
Wir haben uns für das Motto „Komm zu uns, wenn du uns brauchst!“ entschieden und arbeiten mit einem Credit-System. Die Athlet:innen können also Credits kaufen und diese für verschiedene Leistungen einsetzen. Einfach nur einen Platz zu nutzen, kostet beispielsweise ein Credit, Einzeltraining mit Coach dagegen 14 Credits. Man ist nicht festgelegt, wofür die Credits eingesetzt werden und es gibt auch keine monatliche Verpflichtung. Dies war uns wichtig. Die meisten Akademien beziehungsweise Verbände mit vergleichbaren Angeboten bieten lediglich Monats- oder Jahrespakete an, welche oft sehr kostspielig sind. In der Regel sind die Athlet:innen aber nicht jede Woche vor Ort. Bei uns zahlen sie wirklich nur für die Leistungen, die tatsächlich in Anspruch genommen werden. Außerdem gibt es im Gegenzug auch die Möglichkeit, sich Credits zu verdienen, zum Beispiel durch Sparring mit U18-Kaderathlet:innen.
Für angehende Profisportler:innen ist sportlicher und somit finanzieller Erfolg gerade zu Beginn der Laufbahn nur schwer vorherzusagen. Wie können sich junge Talente im Rahmen des Ü18-Konzepts des BTV hier absichern?
Das ist ein weiterer Punkt, der uns sehr am Herzen liegt. Für die Karriere neben der Karriere haben wir deshalb unterschiedliche Kooperationen abgeschlossen, unter anderem mit der Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG). Hier haben die angehenden Profis die Möglichkeit, Tennis und Studium unter einen Hut zu bringen. Das moderne Studienkonzept der DHfPG erlaubt ein Höchstmaß an Flexibilität und ermöglicht so nicht nur sportliche, sondern auch berufliche Erfolge.
Gibt es bei anderen Landesverbänden ähnliche Angebote für Spieler:innen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben oder geht der BTV hier als Vorreiter neue Wege?
Mir ist aktuell kein anderer Landesverband bekannt, der ein Paket in dieser Form anbietet. Hier dürften wir deutschlandweit ein Vorreiter sein. Geben wir dem Ganzen Zeit und schauen in der Zukunft, wie sich das Projekt etabliert hat….
Inwieweit ändert das neugeschaffene Angebot für (angehende) Jungprofis die Zielsetzung des Verbands in Sachen Leistungssport? Muss sich der BTV künftig auch an Grand Slam-Titeln und Topplatzierungen in den Weltranglisten messen lassen?
Wir versuchen jeden Tag, das Maximum aus uns und den Athlet:innen herauszuholen. Das war bisher so und wird auch in Zukunft so bleiben. Von daher ändert sich nichts an unserer grundsätzlichen Zielsetzung, Spieler:innen bestmöglich auszubilden.
Der Beruf des Tennisprofis ist kein Zuckerschlecken. Der Weg ganz nach oben ist mehr als schwierig. Hier müssen viele Faktoren zusammenpassen und stimmen. Aber warum sollte es in Zukunft nicht möglich sein, dass ein Talent aus dem Badischen Tennisverband in der Weltrangliste auftaucht? Yannick Hanfmann und Dominik Koepfer haben ihre Wurzeln schließlich auch in Baden.